Warum wir nun kreativ sein können

Zugegeben: begeistert war ich anfangs nicht, als sich langsam aber sicher herauskristallisierte, dass der Interrail durch Europa ins Wasser fallen würde. Bei allen aktuellen Ungewissheiten ist aber leider nur eins klar: zuhause bleiben ist die beste und einzige Option. Ist das ein Grund, diesen Blog nicht zu schreiben? Nein. Eigentlich ist jetzt sogar der perfekte Zeitpunkt dafür. Aus Interviews und Treffen in den unterschiedlichen Städten Europas werden Telefonate und Skype-Gespräche auf der Couch – unter diesen Umständen ein guter Kompromiss. Und so wird aus dem ursprünglich geplanten ersten Blogartikel darüber, wie Interrail Europa möglich macht, ein Artikel über die positiven Dinge, die man sich in Corona-Zeiten vor Augen halten sollte.


Wie man einen Blogartikel in Corona-Zeiten mit einer guten Nachricht beginnen kann? Indem man vorab schon mal daran erinnert, dass heute Frühlingsanfang ist. #staypositive ist in diesen Tagen einfacher gesagt als getan. Für die einen, weil sie nun zuhause bleiben müssen, soziale Kontakte von einem Tag auf den anderen vermeiden sollen und der Raum, den sie sich mit den Liebsten teilen, doch auf einmal ziemlich eng scheint. Für andere bedeutet der Ausbruch des Covid-19 längere und intensivere Arbeitszeiten, verbunden mit dem ständigen Risiko, sich selbst anzustecken. Man kann sich wohl nicht genug bei den Menschen bedanken, die sich tagtäglich unter diesen Umständen für das Wohl der Gesellschaft einsetzen. Seien es die Ärzt*innen und Krankenpfleger*innen im Gesundheitswesen, die Angestellten in den Supermärkten, die für den ständigen Nachschub von Tomatensauce, Pasta und Toilettenpapier sorgen oder aber Krisenmanager*innen in den unterschiedlichsten Ministerien. Ein herzliches Dankeschön an sie alle!

In diesem Artikel soll es um die positiven Dinge gehen, die man sich in Corona-Zeiten vor Augen halten kann. So zum Beispiel die Welle der Solidarität, die das Virus in der Gesellschaft hervorgerufen hat. In allen Ländern und  Regionen versammeln sich Freiwillige auf sozialen Plattformen, um Eltern ihre Hilfe bei der Versorgung der Kinder zu anzubieten, um Besorgungen für besonders gefährdete Menschen zu machen und sie so in ihrem Alltag zu unterstützen. Ein starkes Signal in einer Zeit, in der überall auf der Welt Populisten auf dem Vormarsch sind, die eher darauf aus sind, eine Gesellschaft zu spalten als für deren Schutz und Wohlbefinden zu sorgen. Dass wir ohne ein Miteinander Krisen wie diese nicht überstehen würden, wird von Tag zu Tag deutlicher – und lässt Verfechter der Theorie des „ausländischen Virus“ immer lächerlicher erscheinen.

Auch die folgende Nachricht hat es inmitten aller Corona-Meldungen an die Öffentlichkeit geschafft: einen Monat nach Beginn des sogenannten lockdown in China, sind die CO2-Emissionen dort um mehr als ein Viertel gesunken und die Luftqualität hat sich deutlich verbessert. Währenddessen wurde in Venedig wegen der ausbleibenden Touristen innerhalb kürzester Zeit das Wasser in den Kanälen wieder klar und sauber. Auch wenn die dramatischen Umstände, die dazu geführt haben, absolut nicht wünschenswert sind, so lassen diese Beispiele doch hoffen, dass es noch nicht zu spät ist um den menschengemachten Klimawandel zu stoppen und unsere Umwelt zu schützen. Gemeinsam können wir schnell auf Krisen reagieren – das haben uns die letzten Tage gezeigt. Es liegt nun an uns, ob wir diese Energie auch in Zukunft weiterhin nutzen und auf die Klimakrise übertragen.

Schadstoffbelastung über China (Quelle: NASA Earth Observatory)

Schnelle Reaktionen wurden während der letzten Tage vor allem von den IT-Abteilungen in jeglichen Unternehmen gefordert. Denn: Home-Office ist noch lange nicht in allen Branchen und Unternehmen die Norm, wurde aber durch die von der Politik beschlossenen Maßnahmen unbedingt erforderlich. Auch dieses Element kann langfristige Auswirkungen auf unsere Arbeitsgewohnheiten haben. Wie viele Autofahrten können in Zukunft vermieden werden, wenn auch nur die Hälfte der Menschen, die jetzt einen Home-Office Zugang haben, in Zukunft 1-2 Tage von zuhause aus arbeiten? Wie viel weniger Zeit hinterm Steuerrad würde dies für jeden einzelnen von uns bedeuten? Zeit, die stattdessen für einen Spaziergang, Sport oder ein Treffen mit Freunden genutzt werden kann. Und ganz nebenbei hat man auch noch etwas fürs Klima getan.

Mensch kann eigentlich nicht kreativ genug sein, wenn es darum geht sich die Zeit nach der Krise auszumalen. Wird die EU immer noch weiter funktionieren wie bisher? Betrachtet man die Maßnahmen, welche die einzelnen Mitgliedsstaaten im Rahmen der Corona-Krise beschlossen haben, so glich die EU in den ersten Wochen eher einem Flickenteppich als einer Union. Es zeigt sich (wieder einmal), dass es dringend notwendig ist, dass die einzelnen Staaten endlich stärker zusammenarbeiten, um (nicht nur) in Krisenfällen wie diesen als Gemeinschaft (re-)agieren zu können.

Ein weiteres Beispiel ist die Zukunft der Gesundheits- und Pflegeberufe. Werden diese Berufe endlich überall aufgewertet und ihre Gehälter angepasst an die wertvolle Arbeit, welche diese Menschen (nicht nur an diesen Tagen) für unsere Gesellschaft leisten? Wird unser derzeitiges Wirtschaftsmodell in Zukunft noch tragbar sein oder wird uns in diesen Momenten der Krise bewusster, dass wir uns eigentlich mehr Zeit für die Familie, Freunde oder ehrenamtliches Engagement nehmen sollten? Wird in Anbetracht der nun herrschenden starken Unsicherheit für selbstständig arbeitende Menschen die Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen wieder vertieft werden?

Ja – die Zeit, die wir in sozialer Isolation verbringen müssen scheint endlos und es ist ungewiss, wie lange dieser Zustand bleibt. Umso wichtiger ist es, neben der Herausforderung, die das Coronavirus für unsere Gesellschaft bedeutet, auch eine Chance darin zu sehen – die Chance, es in Zukunft besser zu machen und die Chance, den Wiederaufbau mitzugestalten. Und bis es soweit ist, könnte man sich ja mal all die ungelesenen Bücher, die zuhause herumstehen, schnappen. Man könnte die Zeit nutzen für eine Runde Siedler von Catan mit der Familie. Oder aber, um sich diesen einen Film anzuschauen, der seit Monaten auf der Netflix-Liste verweilt. Ganz gleich was ihr macht, #flattenthecurve und vor allem #staypositive.

Quelle Beitragsfoto: IHORYER/Shutterstock.com

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